Himmlische Kunst Musica

Wenn man mit fleis singet, so sitzet das seelische im leibe, spielet und hatt einen sonderlichen wolgefallen doran.

Martin Luther, 1483 - 1546, in: Tischreden, 1542

Befördert durch die reformatorischen Bestrebungen kam dem deutschsprachigen Gesang eine zentrale Stellung im lutherischen Gottesdienst zu. Singend und sagend sollte die Botschaft des Evangeliums den Menschen zugänglich und verständlich werden. Durch die Veröffentlichung des Geystlich Gesangk Buchleyns Johann Walters (1496 - 1570) im Jahr 1524 verbreitete sich rasch ein Fundus von Melodien, die zahlreichen reformatorisch gesinnten Komponisten als Vorlage für polyphone Neuvertonungen dienten. Diese lösten sich zunehmend von älteren Formen – ihnen liegen nun lutherische Choralmelodien zugrunde. Komponisten wie Thomas Stoltzer gehörten zu denjenigen, die von Josquin Desprez, Pierre de la Rue und Heinrich Isaac inspiriert, erstmals deutschsprachige Motetten komponierten. Sein vierstimmiger Satz Herr, wie lange willt du mein so gar vergessen basiert auf Luthers erster Übersetzung des 13. Psalms aus dem Erscheinungsjahr des Gesangbuches.

Ausgewählte Kompositionen dieses neuen Stils sind in den Musikdrucken des Wittenberger Verlegers Georg Rhau (1488 - 1548) überliefert. Seine 19 Bände umfassende Sammlung polyphoner liturgischer Musik verfolgte den visionären Gedanken, dem evangelischen Gemeindegesang eine reiche Auswahl an Werken zu bieten. Zugleich stellte er mit seinen Newen deudschen geistlichen Gesengen für die gemeinen Schulen (1544) und den Tricinia (1542) ein pädagogisch durchdachtes Notenmaterial für den Unterricht und das von Martin Luther hoch geschätzte häusliche Musizieren zusammen.

In diesem Konzert erklingen Kompositionen aus Georg Rhaus Notendrucken, sowie Intavolierungen bekannter weltlicher und geistlicher Werke aus den Lautenbüchern Hans Gerles.